Feuchtbiotop im Fußraum
Der Defender wurde vom Vorbesitzer als Arbeitstier genutzt. Dementsprechend präsentiert sich der Innenraum im Fahrzeug-Cockpit. Neben jeder Menge Staub, Dreck und Sand sind besonders die Bleche unter den Fußraummatten problematisch. Die Rückseite der Gummimatten ist mit einer Art Schaumstoff beschichtet. Dieser saugt anfallende Feuchtigkeit auf und gibt sie konstant auf die Bodenbleche ab. Die Konsequenz ist ein Feuchtbiotop, welches dem Rost hervorragende Bedingungen bietet.
Fußmatten und Spritzwandverkleidung
Die Bodenbleche sind aus Aluminium, die Spritzwand und mehrere kleine Bauteile inklusive der Schrauben allerdings nicht. Um das ganze Ausmaß des „Gammels“ zu sehen, müssen zuerst die Fußmatten und die Spritzwandverkleidung entfernt werden. Während die Matten im Fußraum schnell ausgebaut sind, kostet die Verkleidung der Spritzwand deutlich mehr Nerven. Um diese entfernen zu können, muss zunächst der Hebel, – der zum Öffnen der Motorhaube benötigt wird – , abgeschraubt werden. Zusätzlich ist die Verkleidung hinter der Mittelkonsole durchgeführt. Ich habe die Matten an dieser Stelle einfach auseinander geschnitten. Sicherlich nicht die professionellste Lösung, aber es geht schnell.
Eine rostige Überraschung
Nachdem alle Matten entfernt sind, sehen wir was die dauernde Feuchtigkeit hier angerichtet hat. Alle Schrauben der Bodenbleche sind festgerostet. Einige der Schrauben sind mit dem Blech sogar zusammengerostet. Noch viel schlimmer jedoch ist der Blick auf die Spritzwand.
Der Fußraum ist mit Rostblasen übersät, der einzige Trost sind die Bilder im Internet, welche deutlich schlimmere Zustände an diesem Bauteil zeigen. Dass der Rost nach 10 Jahren bereits so stark fortgeschritten ist, überrascht mich als Laie doch ein bisschen. Einkalkuliert habe ich diese Probleme nicht, da kommt noch einiges an Arbeit auf mich zu. Die Spritzwand ist beim Defender neben dem Chassis-Rahmen eines der wichtigsten Bauteile. Ein Austausch dieses Bauteils ist mit extrem hohen Kosten verbunden.
Sitze und Sitzbankverkleidung
Noch ist die Fahrgastzelle nicht leer und wir knöpfen uns die Verkleidung der Sitzbank vor. Um diese abnehmen zu können, müssen zunächst die Sitze entfernt werden. Gehalten werden diese lediglich von 4 Schrauben, die nach dem Herausnehmen der Sitzfläche gut zu erreichen sind. Bei neueren Modellen sind die Sitzflächen noch mit der Sitzheizung verkabelt, auch diese müssen ausgesteckt werden.
Uns fällt der Himmel auf den Kopf
Zu guter letzt geht es auch dem Dachhimmel an den Kragen. Dazu müssen die Sonnenblenden und der Rückspiegel abgeschraubt werden. Anschließend die Plastikdübel mit einer Zange heraus ziehen. Nach ein paar abgerissenen Dübeln lerne ich: Möglichst gerade und kräftig nach unten ziehen ist die effektivste Technik. Bevor der Dachhimmel rausgenommen werden kann, muss noch die Verkabelung der Lampe gelöst werden und dann fällt mir der Himmel sprichwörtlich auf den Kopf. Zu meiner Freude sieht es unter dieser Verkleidung sehr gut aus.
Da steht er nun der Defender „Sir Henry“, ohne Sitze und ohne Verkleidung, sowie Land Rover ihn schuf. Bevor es weiter geht, muss das Fahrzeugcockpit erst mal von Dreck und Schmutz befreit werden. Staubsauger, Wurzelbürste und jede Menge Küchenrolle erledigen dieses Job.
2 Mann gegen 2 Bodenbleche
Nach dem Mittagessen müssen die Bodenbleche raus. Diese Arbeit kostet mich mehrere Stunden und noch mehr Nerven. Der Grund hierfür sind die verrosteten Schrauben. Mein Nachbar „Günter“, der als gelernter Schmied normal Pferde beschlägt, bemerkt meine Bemühungen und greift ebenfalls zum Werkzeug. Eventuell hat er auch mein lautes Fluchen vernommen. Die meisten dieser Schrauben sitzen in orangenen Kunststoffdübeln und sind deshalb von unten nicht zugänglich. Zuerst versuchen wir die Schrauben mit einem Meisel zu lösen, dabei wird die Lackierung des Bodenblechs in Mitleidenschaft gezogen. Die Alternative ist das Abflexen der Schraubenköpfe, hier besteht die Gefahr, dass der Rest der Schraube nicht mehr aus dem Dübel gelöst werden kann. Beides kostet viel Zeit und Nerven. Nachdem ich meine Finger gleich zweimal mit Pflaster präparieren muss, möchte ich hier nicht verschweigen, dass ich Sir Henry hier mehrfach gedroht habe, dass er in Zukunft wieder als Hausmeister oder im Bergwerk arbeiten kann, wenn er seine Bodenbleche nicht hergibt. Doch am Ende lösen wir gemeinsam Schraube für Schraube.
Der Blick auf den Rahmen ist frei
Die kaputten und rostigen Schrauben sind nicht mehr zu gebrauchen und werden demnächst gegen Edelstahlschrauben ersetzt. Natürlich besteht dann wieder die Gefahr der Kontaktkorrosion aber eine perfekte Lösung wird es vermutlich nicht gegeben.
Die Schrauben an der Plastikverkleidung des Getriebetunnels müssen ebenfalls gelöst werden. Durch Anheben des Plastiks lassen sich die Bodenbleche herausnehmen und jetzt sehe ich zum ersten mal auch den Rahmen des Fahrzeugs von oben. Auch hier hat sich bereits etwas Rost gebildet und auch diesen werde ich im Zuge der Spritzwandsanierung bekämpfen.
Erschöpft und erleichtert
Am Ende habe ich viel mehr ausgebaut als ursprünglich geplant. Bei der Sitzbank habe ich noch lange überlegt, mich aber letztendlich entschieden sie nicht auszubauen. An den Rahmen unter der Sitzbank komme ich auch vom Unterboden einigermaßen dran und die Sitzbank vermittelt einen gesunden und stabilen Eindruck.
Ob ich das alles auch wieder zusammen gebaut bekomme, lest ihr dann in einem der nächsten Artikel. Es bleibt also spannend.
Hallo, super Beitrag! Sowas Ähnliches hab ich auch demnächst vor. Ich frag mich nur, wie mache ich alles wieder „zu“? Also woher bekomme ich neue Matten/ Verkleidungsmaterial? Das alte Zeugs zerreist es ja bzw. war schon vorher „gammelig“. Grüsse!
Hallo Christian,
vielen Dank für dein Feedback. Ich habe teilweise die Matten einfach weg gelassen, der Schaumstoff auf der Rückseite der original Matten saugt sich voll mit Wasser und bildet dann ein schönes Feuchtbiotop im Fußraum. Ideale Bedingungen also für Rost. Als Fußmatte habe ich mittlerweile ein ALU-RIffelblech, auf der Rückseite Armaflex, gegen Kälte im Winter und heißes Bodenblech durchs Getriebe im Sommer. Das funktioniert super und würde ich wieder so machen.
Hallo Nick,
auf der Suche nach einer LR Farbpalette, einer Farbbezeichnung oder einem Farbcode für meinen dunkelblauen TD 4 110 HT mit weißem Dach (BJ. 2009) bin ich auf deiner Seite gelandet.
Die Verblüffung war groß. Ich hab den Bruder von Henry, sieht fast genauso aus.
Wir haben den Ausbau 2019 begonnen, sind reisefertig haben aber noch ein paar Sachen zu optimieren (z.B. Solarpaneel). Falls von Interesse kann ich gerne ein paar Bilder schicken.
Könntest Du mir etwas zur Farbe sagen?
Viele Grüße
Klaus
Hallo Klaus,
das ist ja ein lustiger Zufall. Sir Henry ist ein Baujahr 2008 mit EZ 2009. Bilder von eurem Ausbau würden mich sehr interessieren, schick sie mir doch via E-Mail an info@endlos-freisein.com 🙂
Zum Farbcode kann ich dir leider nichts genaues sagen, aber eventuell kann dir das geballte Wissen im Blacklandy-Forum weiterhelfen, da würde ich mal nachfragen. Wenn du es herausgefunden hast, könntest du mir die Information gerne weitergeben, dass werde ich sicher auch irgendwann benötigen.
Hallo Klaus,
erst mal noch ein mal ein Lob für die tollen Infos und Doku.
Auch bei unserem nichtadeligen englischen Patienten „Rappeliste“,
sind die Schrauben der Bodenbleche korrodiert, total.
Woher hast Du Deine „neuen“ Schrauben hierfür? (Welche Maße etc. sind das?)
Des weiteren würden wir gerne erfahren, welche „Isolierung/Schalldämmung“ und / oder „Bodenbelag“ Du für die Spritzwand sowie auf den Blechen unter den Sitzen vorne und auch hinten (Bodenbleche)?
Hinsichtlich des Daches (Himmel) haben wir noch einiges an Armaflex 19mm übrig. Meinst das könnte zusammen mit dem KFZ-Filz (wie bei Dir) zu „dick“ werden?
Sorry und noch eine:) – Du hast ja auch sämtliche Türverkleidungen abgenommen und isoliert (Schall/Wärme). Bis auf die Fahrertür, sind alle anderen Türen innen mit einer Art grauen Schaumstoff beklebt. Bei der Fahrertür ist der graue Schaumstoff sowie eine dünne Folie (Dampfsperre?) ganz weg. Vermutlich ist diese dünne Folie bei den anderen Türen hinter dem grauen Schaumstoff.
War das bei Dir auch so? Sollte man nun auf den grauen Schaumstoffbelag Alubytul bzw. eine Isolationsschicht Armaflex/Xtrem-Isolator oder und eine dünne Schutzfolie aufbringen?
Hast Du ggf. den grauen Schaumstoffbelag etwas aufgeschlitzt um dann die Hohlraumversiegelung durchzuführen?
Sorry, für die Anzahl der Fragen…bin halt gerade dabei…bevor der erste Schnee kommt. Habe keine Garage, also alles draussen auf dem Hof. Outdoor eben:)
Danke und Grüße
Frank
Hallo Frank,
ich weis zwar nicht wer Klaus ist, aber ich beantworte dir trotzdem gerne deine Fragen. Gruß Nick
Erst einmal Danke für dein Feedback zum Blog.
Die neuen Schrauben für das Bodenblech habe ich mir beim örtlichen Land Rover – Händer besorgt. Diese solltest du aber auch bei Landy-Scheune z.B. bekommen. Die Maße der Schrauben habe ich jetzt nicht mehr im Kopf.
Ich habe keine Isolierung für Schall bzw. Kälte auf die Spritzwand geklebt, da ich diesen Bereich (aus Rost gründen) immer zugänglich lassen wollte. Ich habe bei Defender Nägele die Riffelbleche bestellt, die seit dem meine Fußmatten ersetzten. Auf die Rückseite dieser Bleche habe ich Armaflex geklebt, das isoliert z.B. gegen die Hitze vom Getriebtunnel ziemlich gut.
Die Sitzkiste etc. habe ich nicht verkleidet oder isoliert.
Das 19 mm Armaflex sollte kein Problem im Dachbereich darstellen. Ich habe ebenfalls 9mm Armaflex in zwei Lagen zwischen die Holme geklebt um die Höhe der Streben im Dach ausgleichen zu können.
Ich habe lediglich die Hecktür gegen Kälte isoliert. Die beiden vorderen Türen habe ich nur einer Hohlraum-Konservierung unterzogen.
Ich habe die graue Verkleidung nur etwas abgezogen ohne die Verklebung zu lösen und dann mit einer Sonde den Rostschutz eingebracht. Anschließend habe ich alles wieder so zurückgebaut wie es war. Ich glaube diese graue Verkleidung ersetzt bei den neueren Modellen die Folie, da bin ich aber nicht zu 100% sicher.
Die Dampfsperre an der Fahrertür zu erneuern wäre sicher nicht schlecht.
Für die Konservierung der Türen könnt ihr die Öffnungen der Dübel für die Kunststoffverkleidung verwenden, ihr benötigt dafür z.B. Fluid Film mit einer Hohlraumsonde. Wichtig ist der untere Bereich der Türen, denn hier rosten die am stärksten.
Beste Grüße
Nick
http://www.endlos-freisein.com
Cooler Bericht! Sehr informativ!
Ich habe eine kurze Frage:
Auf den Fotos ist zu sehen, dass die Schottwand umgebaut wurde.
Habt ihr dazu eine Anleitung? Bei der die dabei war sind keine Maße oder Fotos beigefügt.
Vielen Dank schon mal und weiter so
Hallo Julian,
danke fürs Feedback.
Leider habe ich damals den Einbau nicht dokumentiert. Anleitung war bei mir auch nicht wirklich dabei, ich kann dir deshalb leider nicht weiterhelfen.
Gruß Nick