Ein Brett – drei Funktionen

Defender 110 Camper Reisemobil

Der Schlüssel um auf kleinem Raum möglichst viele Funktionen unterzubringen ist die Multifunktionalität von Möbeln und Gegenständen. Bei meinem Ausbau ist das ein simples aber unglaublich effizientes Brett.

Ein ganzer Artikel über eine Holzplatte mit Löchern? – JA, denn diese im ersten Moment simpel anmutende 18 mm starke Pappelsperrholzplatte steckt voller Funktionen und ist im Reisealltag mit dem Defender ein ganz wichtiger Baustein für den reibungslosen Ablauf im „Wohnabteil“. Warum das so ist, erfahrt ihr jetzt.

Konzeption und Grundidee

Auf dem Blog habe ich bereits einige Artikel zum Entwurf, dem Konzept und der Idee, die hinter dem Ausbau steckt, verfasst. Wer diese noch nicht kennt, findet die entsprechenden Berichte hier:

Innenausbau – Ideen, Skizzen und Ernüchterung
Innenausbau – der finale Entwurf

Was ich allerdings in diesen Artikeln noch nicht detailliert erläutert habe, ist die Tatsache, dass die Länge des Fußraums (Bereich zwischen Hecktür und Sitzbank hinter den Vordersitzen) der Breite der Liegefläche (Küchenzeile bis zur Rückenlehne) entspricht.

Um diesen Gedanken besser erklären zu können, müssen wir ein Stück zurück in die Vergangenheit reisen.

Die Platte als Stauraum-Erweiterung

Vor einigen Jahren war ich mit meinem Kangoo-Camper unterwegs und mein Bettzeug bestehend aus Decke, Schlafsack und Kopfkissen musste immer in den Fächern unter der Sitzbank verstaut werden. Das Ergebnis: Kleiner Stauraum + viel Bettzeug = Staufach VOLL!   Daraufhin habe ich im Renault-Kangoo fieberhaft nach Plätzen im Fahrzeug gesucht, die ich im Reisealltag nicht nutze. Fündig geworden bin ich ganz oben unter der Fahrzeugdecke, hier war genug Platz für meine Schlafutensilien. Mit Expanderseilen habe ich mir eine Art Netz konstruiert, anschließend die Schlafsachen oben rein gepackt und plötzlich war die gesamte Staufläche unter der Sitzbank frei und auch das Wegräumen oder Herbeiholen der Decke und des Kopfkissens ging auf einmal viel schneller.

Mit dem Kangoo-Camper in den Dolomiten

Das war einer dieser Lerneffekte, die vorher schwer zu planen sind, sich aber im Handling als unglaublich sinn- und wertvoll erweisen. 

Diese Idee hat sich so sehr bewährt, dass sie in einer leicht abgewandelten Form Einzug in den Geländewagen erhält. Anstatt Expander-Seile wird beim Land Rover eine massive Holzplatte verwendet.

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Genauso wie im Kangoo-Camper befindet sich diese Pappelsperrholzplatte unter dem Fahrzeugdach. Wer jetzt denkt, die stört doch, wenn man zu zweit in dem sowieso schon flachen Camper sitzen will, der hat recht. Aber auch dafür gibt es eine Lösung, mehr dazu später.

Wie hält das Brett da oben?

Für Selbstausbauer ist das handwerkliche immer der interessanteste Teil und deshalb schauen wir uns erst mal die Konstruktion der Platte und vor allem die Befestigung des Pappelsperrholzes unter dem Dachhimmel an. Immerhin wirkt sich die Bremskraft des Fahrzeugs unmittelbar auf dieses Bauteil aus. In Fahrtrichtung gesehen auf der rechten Seite habe ich einen Aluminiumwinkel* durch die Holzleiste dahinter mit der innenliegenden Dachrinne verschraubt.

Für eine stabile aber jederzeit zurückbaubare Verbindung wurden Blindnietmuttern* mit einer Blindnietmutternzange* in die Dachrinne eingelassen. Dadurch entsteht ein Gewinde, in das gängige Gewindeschrauben* (M3,M4,M5 … etc.) passen. Im Aluminiumwinkel* befindet sich eine Bohrung, welche sich in der Holzplatte darüber fortsetzt. Auf der Rückseite der 18 mm starken Pappelplatte ist eine M5 Einschlagmuttern* versenkt. Diese beinhaltet ebenfalls ein Gewinde und nimmt den Sterngriff*, der zuerst durch den Aluminiumwinkel und dann durch die Holzplatte verschraubt wird, auf. Durch das Zudrehen des Sterngriffs wird die Platte am Winkel festgezogen und vor dem Verrutschen geschützt.

Auf der anderen Seite liegt die Platte auf dem höchsten Regalboden des Hochschranks auf. Damit die Klappe des Fachs auch bei eingehängtem Pappelholz noch zu öffnen geht, wird sowohl am Regalboden als auch am Multifunktionsbrett jeweils die Hälfte der 18 mm Materialstärke mit der Oberfräse* abgetragen. Das Brett greift anschließend 15 mm weit in den Regalboden ein und wir dadurch von der Seitenwand des Hochschranks am Verrutschen gehindert.

Um das Brett herausnehmen zu können, muss zuerst die Schraube in Form des Sterngriffs* am Aluminiumwinkel gelöst werden. An der gleichen Seite wird die Platte leicht angehoben und rutscht aus dem Auflager an der Schrankseite heraus. Jetzt ist das 18 mm starke Bauteil frei beweglich und kann für die zweite Funktion genutzt werden. 

Die Platte zum Schließen des Fußraums

Nachdem das Pappelholzbrett aus der Lagerung unter dem Fahrzeugdach herausgenommen ist, wird das Bauteil im Fahrzeug vorsichtig gedreht und kann dann auf den Flanken an der Sitzbank und der Küchenzeile aufgelegt werden. Das Auflager an der Sitzbank ist ebenfalls durch Abtragen des Materials mit der Oberfräse* an der Sitzfläche und am Pappelsperrholzbrett realisiert.

Auflager an der Sitzbank

Auf der Seite der Küchenzeile springt die Bodenplatte des Schrankmoduls um 15 mm nach hinten und bildet das Auflager für die Platte auf der linken Seite. Dadurch entsteht eine ca. 1,15 x
1,90 m große Liegefläche.

Durch das Einfräsen bzw. Zurückspringen auf den beiden Auflagerseiten, stehen keine Auflagerleisten oder Winkel hervor, die beim Sitzen oder Bewegen im Fahrzeug stören.

Die Auflager Links und Rechts im Überblick

Da sich die Platte nicht unter der Sitzfläche der Sitzbank befindet, können auch, während umgebaut und umgeräumt wird, bis zu zwei Personen im Fahrzeug bleiben. Niemand muss raus in die Kälte oder ins Nasse um das Bett aufzubauen. Das ist bei einem kleinen Camper wie dem Defender nicht selbstverständlich.

klein aber fein – die Liegefläche im Defender

Die rechte Sitzbank ist mit einer Tiefe von ca. 68 cm breit genug für eine Person. Dementsprechend ist für ein kurzes Nickerchen zwischendurch kein Umbau nötig.

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Wieso sind in dem Brett eigentlich so viele Löcher?

Diese runden Öffnungen, mit 25 mm Durchmesser, haben ebenfalls drei Funktionen. Zum einen dienen sie der Gewichtsreduzierung. Durch das Bohren der Löcher mit dem Forstner-Bohrer* hat das Pappelholz ca. 1/3 seines Gewichts verloren und ist deshalb deutlich angenehmer zu händeln. Zweitens dienen die Löcher dazu mit den Fingern in die Platte „eingreifen“ zu können und dadurch auf dem engen Raum besser die Balance zu halten und nicht an anderen Bauteilen hängen zu bleiben.

Die dritte und letzte Funktion ist das Belüften der Polster von unten um ein Ansammlung von Feuchtigkeit zu verhindern.

Sofa mit sehr bequemer Rückenlehne

Die dritte Möglichkeit die Multifunktionsplatte einzusetzen, kommt besonders dann zum Tragen, wenn das Wetter den Aufenthalt im Freien ungemütlich macht. Da dieses Brett nicht breiter ist als die Liegefläche kann es mit Klettverschluss* an der Kopfstütze vom Fahrer- und Beifahrersitz befestigt werden.

Durch nach vorne Neigen der Sitze kann die Position der „Sofa-Rückenlehne“ individuell eingestellt werden.

Die Funktion der Rückenlehne (ohne Polster)

Das dritte Polster, welches zuvor den Fußraum verschlossen hat, wird jetzt zur Rückenlehne. Die Sitzposition ist sehr angenehm und so lässt es sich auch mehrere Stunden bei schlechtem Wetter mit einem guten Buch auf dem kleinen Raum aushalten. Die seitlichen Fenster oder die Hecktür laden dazu ein, den Blick ins Freie zu genießen.

Das Wohnzimmer mit Sofa im Mini-Camper Defender

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14 thoughts on “Ein Brett – drei Funktionen

  1. Hi Nick,

    The interior you’ve made for Sir Henry is really nice! He’s is an inspiration, the wood finishing is exactly the atmosphere that I want to achieve in Antares Treadwell, our 110HT. (Traveling Land Rovers simply must have a name, just like a ship does. They feel more like a companion than a tool.)

    Stay safe, who knows we’ll encounter one another during our travels.

    Greetings,

    Joris
    @antares_treadwell

    1. Hi Joris,

      thank you very much for your Feedback to the interior and yes a Land Rover Defender is a family member this is why the Defender needs a name. The world is small, would be happy to cross the way with you!:)

      Best regards
      Nick

  2. Bonjour,
    Je suis carrément fou de cet aménagement pour Defender! Je viens d’acquérir un Defender TD5, et je compte bien en profiter pour bourlinguer à l’étranger. Repartir en Islande et en Irlande, mais aussi en Afrique, au Maroc et pourquoi pas redescendre plus bas…en Tanzanie! Merci de tes idées géniales.

  3. Ich finde diese Ausbauten immer richtig cool! Aber: Wo habt ihr Campingtisch, Stühle, und dergleichen? Zudem hab ich beim reisen immer zwei Helme zum biken dabei, ne Werkzeugkiste, ggfs. ein SUP, ne Pumpe fürs Rad, eine fürs SUP, und natürlich unser normales Gepäck dabei. WIE BEKOMMT MAN DAS ALLES DANN AUCH NOCH UNTER?! (Die Räder hängen hinten dran…).
    Aus dem Grund haben wir bislang nur ne Liegefläche hinten. Nutzen den Stauraum darunter für all diese Sachen. Und das Gepäck kommt auf die Sitze vorn bei Nacht. Das ist aber wiederum bei Regen mist….

    1. Hallo Jörg,

      natürlich ist so ein Defender vom Raumangebot begrenzt, aber dafür bietet er viele Staumöglichkeiten rund um das Fahrzeug. Mein Werkzeug, Wagenheber, Campingstühle usw. habe ich in einer Kiste auf dem Dach. Die Wassertanks, die Outdoorküche, Anfahrhilfen und demnächst auch einen Campingtisch habe ich seitlich am Defender befestigt. Ich versuche alles was ich nicht im Fahrzeug benötige auch nicht im Fahrzeug zu transportieren. Durch deine Hobbys hast du natürlich ein gewisses zusätzliches Gepäck aber mit kreativen Ideen kannst du die Helme usw. sicher auch gut verstauen. Ein 12v Kompressor den du im Motorraum oder in einer Radkastenstaubox verbauen könntest würde z.B. auch schon die beiden Pumpen überflüssig machen. Nur ein paar Ideen aus der Ferne. Danke für dein Feedback.

      Gruß Nick

  4. Ihr habt viele super Ideen verwirklicht. Besonders gefallen mir die Bretter mit den Lüftungslöchern, die für mich zusätzlich die wichtige Funktion der Gewichtsersparnis haben. Super Konzept! Frage wäre noch, bis zu welchem Gewicht die Platte belastbar ist? Konkret, ich wiege 115 Kg und wenn ich z. B. von der Hecktür noch vorne ‚krabbele‘ entsteht ja unter meinen Knien schon ein erheblicher Flächendruck.
    VG aus dem Saarland vo. Wolfgang

    1. Hallo Wolfgang,

      entschuldige die verspätete Antwort auf deinen Kommentar. Erstmal vielen herzlichen Dank für dein Feedback zu unseren Ausbauten. Wir haben bei den meisten Fahrzeugen Pappelmultiplex-Platten auf den stark belasteten Flächen mit einer Stärke von 18 mm gewählt. Durch die Quer-Verleimung der einzelnen Schichten, bricht die Platte sehr spät und biegt sich im Zweifel erstmal durch. Wann die Belastungsgrenze erreicht ist, hängt natürlich auch von der Spannweite ab. Ich würde dir raten, dass du einen Belastungstest in der Praxis durchführst. Sollte die Platte tatsächlich nicht ausreichend stabil sein gibt es noch die Option auf Birke-Multiplexplatten zu gehen, die sind schwerer aber dadurch auch noch robuster.

      Ich hoffe das hilft dir weiter!

      Gruß Nick

  5. Hallo Jungs,
    Ich ziehe den Hut vor euch. Ich liebe es wenn sich jemand in seinen Träumen verliert und sowas gutes dabei raus kommt.
    Ich hätte grade Lust so ein Projekt zu starten. Leider muss ich erstmal meinen Mercedes Kurzhauber machen( irgendwann).
    Ich drücke euch die Daumen und wünsche weiterhin viel Erfolg.
    Liebe Grüße
    Marc Dobschal von der Camperklinik Dobschal im Westerwald

    1. Hallo Marc,

      vielen Dank für dein Feedback und die lieben Worte. Wir wünschen dir mit deiner Camperklinik auch weiterhin viel Erfolg und Freude bei der Arbeit.

      Gruß Nick

    1. Hallo Kathleen,

      danke fürs Feedback. Die Polster stammen von einem regionalen Familienbetrieb in 4. Generation, mit dem wir auch für unsere Kundenprojekte seit Jahren zusammenarbeiten. Hohe Qualität, made in Germany – echte Handarbeit. Bestellen kannst du dort allerdings nichts, das müssten wir falls du Bedarf hast ggf. über unsere Manufaktur abwickeln. Mit der Qualität bin ich sehr zufrieden, die Polster sehen nach 4 Jahren immer noch genauso aus wie am ersten Tag. Auch von unseren Kunden kommt regelmäßig positives Feedback.

      Gruß
      Nick

      Gruß Nick

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